Rückforderung von Honoraren bei Scheinselbstständigkeit
BAG, Urteil vom 04.12.2024 – 5 AZR 272/23
Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 6 Minuten
Selbstständige Handwerker und freie Mitarbeiter arbeiten oft über längere Zeit für denselben Auftraggeber. Doch was, wenn sich später herausstellt, dass gar keine echte Selbstständigkeit vorlag?
Mit Urteil vom 4. Dezember 2024 (5 AZR 272/23) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass in solchen Fällen eine Rückforderung gezahlter Honorare nicht automatisch zulässig ist – und sorgt damit für mehr Rechtssicherheit.
Der Fall
Ein Auftraggeber hatte über mehrere Jahre die Leistungen eines freien Mitarbeiters in Anspruch genommen – auf Basis von Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer.
Nach einer späteren sozialversicherungsrechtlichen Prüfung stellte sich heraus, dass die Tätigkeit tatsächlich als abhängige Beschäftigung einzustufen war.
Der Auftraggeber wollte daraufhin die gezahlten Honorare und Umsatzsteuer zurückfordern.
Die Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und verwies den Fall zurück.
Das Gericht stellte klar:
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Die bloße Feststellung einer Scheinselbstständigkeit reicht nicht aus, um gezahlte Honorare automatisch zurückzufordern.
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Es muss konkret geprüft werden, ob ein Rechtsgrund für die Zahlungen bestand.
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Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Auftragnehmer seine Leistungen erbracht hat und eine Rückforderung daher nicht ohne Weiteres gerechtfertigt ist.
Damit schafft das BAG Klarheit: Ob eine Rückforderung möglich ist, hängt stets vom Einzelfall ab.
Was bedeutet das für Handwerker und Selbstständige?
Das Urteil ist besonders für selbstständige Handwerker, Monteure und freie Dienstleister relevant, die langfristig für einen Auftraggeber tätig sind.
Wer in die Abläufe eines Unternehmens eingebunden ist, feste Arbeitszeiten einhält und kein unternehmerisches Risiko trägt, läuft Gefahr, als scheinselbstständig eingestuft zu werden.
Die möglichen Folgen sind erheblich:
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Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen,
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Steuerrückforderungen und
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mögliche Vertragsrückabwicklungen.
Das BAG stellt jedoch klar: Eine Rückforderung bereits gezahlter Honorare ist nicht automatisch möglich – und muss individuell geprüft werden.
Fazit
Das Urteil stärkt die Rechtssicherheit für Auftraggeber und Selbstständige gleichermaßen.
Wer seine Verträge sauber formuliert, klare Abgrenzungen schafft und auf echte unternehmerische Freiheit achtet, minimiert das Risiko einer Scheinselbstständigkeit.
Quelle: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 04.12.2024 – 5 AZR 272/23